Die GroKo und ihr politisierender Generalbundesanwalt
Lange ist Harald Range nicht aus Göttingen raus gekommen. Dort 1948 geboren, Schule am Felix-Klein-Gymnasium. Studium in Göttingen und Bonn und ab 1978 wieder Einsatz in Göttingen. Range war bis 1986 unter anderem Pressesprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft – in Zeiten heftiger Auseinandersetzungen von Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die örtliche Hausbesetzerszene und die autonome Antifa.
Das war die Grundlage für den Aufstieg zum Generalstaatsanwalt in Celle – kein Hort liberaler Rechtsprechung. Als Monika Harms in den Ruhestand ging, benannte ihn die FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberg zum Generalbundesanwalt. Er ist wie sie in der FDP. Das sollte nicht als liberal missverstanden werden. Zwar rechtfertigte Range 2006 Deals mit eher symbolischen Strafen gegen Hells Angel. Doch im Vorfeld der Fußball-WM entwickelte er die Null-Toleranzstrategie für Hannover mit Staatsanwälten vor Ort und dem Ziel sofortiger Ausweisung.
Der Mann kann also Strafverfolgung. Das glaubt man nicht, wenn man sein Verhalten im größten Spionagefall der deutschen Geschichte ansieht.
Da baut der amerikanische Geheimdienst NSA unter dem Deckmantel der Terrorismusabwehr ein fast grenzenloses System der Massenüberwachung auf. Für den Generalbundesanwalt keine große Sache – seine Ermittlungen zur Affäre stellte er im Juni ein. Auch konkrete Hinweise auf NSA-Spionage gegen die Bundeskanzlerin sowie das systematische Abhören unserer Außenminister waren für Harald Range kein Grund für weiteres Vorgehen. Obwohl die Belege für diese Abhör- und Überwachungsmaßnahmen dank Edward Snowden und der Plattform wikileaks.org für alle im Internet einsehbar sind, verharrte er im jovialen Nichtstun.
Nun aber sieht Harald Range seine große Chance. Er möchte richtig berühmt werden. Er kann in eine Reihe mit Franz-Josef Strauß treten. Er entdeckte wie dieser einen „Abgrund von Landesverrat“. Diesmal nicht beim SPIEGEL, sondern bei netzpolitik.org. Die hatten Auszüge aus Dokumenten des Verfassungsschutzes auf ihrem Blog veröffentlicht. Landesverrat, da kommt unser politisierender Staatsanwalt aus Göttingen auf Touren.
Man muss lange zurückschauen, um ein ähnliches Beispiel zu finden. Der letzte Fall war die sogenannte SPIEGEL-Affäre im Jahr 1962. Wie schon bei Strauß handelt sich um einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit. Das Ergebnis damals war der Rücktritt von zwei Staatssekretären und eines Verteidigungsministers. Das Schlimmste, was unserem Harald Range heute passieren kann, ist der überfällige Ruhestand.
Doch für die Große Koalition ist dieser Vorgang nicht ausgestanden. Sie wird sich nicht mit dem Hinweis davonstehlen können, dass der Generalbundesanwalt nicht an Weisungen gebunden ist. Es war die Bundesregierung, die die Strafanzeige gestellt hat, die Harald Range in die Spur brachte. Dafür tragen Innenminister Thomas Maiziere (CDU) und sein sozialdemokratischer Justizminister Heiko Maas die Verantwortung.
Mit der GroKo Vorwärts in die Sechziger Jahre! Ein Abgrund von Landesverrat? Nein, es ist der Verrat an Demokratie und Verfassung durch die Große Koalition.