Sehr geehrte Damen und Herren,
Als die Grünen vor 30 Jahren gegründet wurden, war das Thema Energie bereits eines ihrer wichtigsten Themen. Damals ging es in erster Linie um die Verhinderung des Baus neuer Atomkraftwerke. Diesen Kampf haben wir weder gewonnen noch verloren. Es wurden einige AKW gebaut aber zum Glück konnten auch viele Projekte verhindert werden.
Damals gab es aber auch eine Reihe von Bastlern und Tüftlern, die sich um Alternative Energieerzeugung gekümmert haben. In der ersten rot-grünen Landesregierung – Anfang der 90er Jahre – haben wir einem solchen Bastler einen Zuschuss gegeben, damit er in seiner Garage Windräder zusammenschrauben konnte. Heute ist er der größte Arbeitsgeber nicht nur in seiner Heimatregion Emden sondern auch in Sachsen-Anhalt. Enercon ist eine der Erfolgsstorys, die die Energiewende mit sich gebracht hat. Und kaum jemand hat damals als wir das EEG auf den Weg gebracht haben damit gerechnet, dass wir 400.000 Arbeitsplätze schaffen werden und 2012 mehr als 20% unseres Strom selbst erzeugen und trotz Abschaltung der Hälfte der AKW noch nie so viel Strom ins Ausland exportiert haben wie im letzten Jahr.
Der Erfolg der Energiewende hängt vor allem mit zwei Dingen zusammen
– Mit dem Einspeisevorrang und den für 20 Jahren festen Vergütungssätzen wurde eine Investitionssicherheit geschaffen, die Kredite erst ermöglicht hat.
– Ein Großteil der Bürger konnte und wollte sich selbst aktiv an der Energiewende beteiligen.
Ohne das Engagement der Menschen in den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die nach technischen Innovationen gesucht haben um die Erneuerbaren voran zu bringen. Sowie ohne das Engagement der Menschen in Bürgerwindparks, bei Photovoltaik oder im eigenen Heizungskeller, wäre die Energiewende immer noch ein Stiefkind der Energiekonzerne. Trotz ihrer Milliardeninvestitionen in den letzten Jahren wird der Großteil der Erneuerbaren Energien von engagierten Menschen produziert – nicht von den Großkonzernen.
Dies ist vielen auch ein Dorn im Auge – insbesondere der FDP. Sie wollen ihre Klientel schützen und sprechen daher von explodierenden Strompreisen.
Zwar ist in den letzten beiden Jahren die EEG-Umlage deutlich gestiegen, der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist aber nur für die Hälfte der Preissteigerung in den letzten 10 Jahren beim Strom verantwortlich. Gemessen am Bruttoinlandprodukt, also an unserer Wirtschafts-kraft, ist der Strompreis auf dem Niveau von 1991. Die wirklichen Preistreiber bei den Energiekosten sind Erdöl und Erdgas und nicht Strom.
Peter Altmaier ist inzwischen auf den Kurs der FDP eingeschwenkt und arbeitet nicht mehr für sondern gegen die Energiewende. Dieser Tage betätigt er sich als Märchenonkel und spricht davon, die Energiewende würde 1 Billionen Euro kosten. Märchenpeters Rechenkünste sind aber reine Stimmungsmache und haben mit seriöser Politik nichts zu tun. Wenn man die eingesparten Brennstoffkosten durch die Erneuerbaren Energien ähnlich kalkuliert kommt man zu dem Ergebnis, dass die Erneuerbaren mehr als 10 Milliarden Euro einsparen – also 10 mal so viel wie sie kosten.
Die Energiewende soll uns gerade von den Kostensteigerungen bei den fossilen Energieträgern unabhängiger machen. Sie werden hier und heute ja noch viel zu den Vorteilen der Holzverfeuerung hören. Während in meiner Jugend jeder froh war, wenn man den Holzofen endlich aus dem Wohnzimmer und der Küche verbannen konnte, kehrt dieser heute in viele Wohnzimmer zurück. Natürlich auch weil es Gemütlichkeit und Wärme ausstrahlt. Aber immer häufiger auch aus ganz klar wirtschaftlichen Gründen.
Trotz einem kalten Winter wurde im letzten Jahr so wenige Heizöl und Gas verbraucht wie schon lange nicht mehr. Sicherlich werden auch jemand einfach den Thermostat in seiner Wohnung um ein Grad gesenkt haben. Aber sicherlich sind auch viele auf Alternativen umgestiegen und haben ihren Holzofen angeworfen.
Es ist ja nicht zu verkennen, dass in immer mehr Häusern heute ein Holzofen steht und nicht nur zur Dekoration oder mal am Wochenende um ein gemütlichen Abend am Kamin zu haben. Sondern immer häufiger um zu heizen.
Dies ist sicherlich eine Möglichkeit um den steigenden Heizkosten zu begegnen. Auch bei den Stromkosten gibt es die Möglichkeit die ein oder andere Kilowattstunde einzusparen. Durch Energiesparlampen, moderne Elektrogeräte oder die Anschaffung einer modernen Umwälzpumpe für die Heizung.
Der Anstieg der Strompreise sollte aber auf alle Fälle im Rahmen bleiben. Dafür hat das EEG mit ihrer ständigen Degression der Vergütungssätze auch lange gut gesorgt. Durch einen klugen ge-setzlichen Rahmen kann man den Ausbau der Erneuerbaren voran bringen und die Kosten gerecht verteilen.
Die Bundesregierung hat selbst im letzten Jahr das Gegenteil getan. Sie hat mit dazu beigetragen, dass die EEG-Umlage gestiegen ist. Die Kosten der Energiewende werden nicht mehr gerecht verteilt. Während 2006 – also zum Ende der rot-grünen Bundesregierung nur 282 Unternehmen von der EEG-Umlage befreit waren. Werden es dieses Jahr etwa 2.000 Unternehmen sein. Zwar ist die befreite Strommenge nicht so stark gestiegen, wie die Anzahl der Unternehmen, aber die Belastungen für Privatkunden, Handwerker und Dienstleister sind dadurch deutlich gestiegen.
Aber damit nicht genug. Alle Umwelt und Energie-Subventionen die die Industrie dieses Jahr erhält summieren sich auf über 16 Milliarden Euro. Und diese Subventionen führen nicht etwa dazu, dass es der Umwelt besser geht oder Energie gespart wird. Nein im Gegenteil. Energieverschwendung und Umweltverbrauch werden auch noch belohnt.
Und während die FDP dafür sorgt, dass die Wirtschaft immer mehr Milliarden dafür kassiert, dass sie nicht innovativ ist. Nicht in Energieeffizienz investiert, keine Ressourcen spart, Lärm und Abfall vermeidet und sich an der Energiewende nicht beteiligt, klagt sie als Hauptproblem der Energiewende die Energiearmut an, die sie vor allem bei denjenigen sieht, der sie noch vor wenigen Monaten nachgesagt haben, in spätrömischer Dekadenz zu leben und zu viele Leistungen vom Staat zu beziehen.
Es ist klar. Während die FDP die Debatte um die Strompreise nutz, um das EEG abzuschaffen, versucht die energieintensive Industrie mit den selben Argumenten ihre Subventionen zu schützen.
Problematisch dabei ist nicht nur, dass es Ihnen um ein Ende des EEGs geht. Sondern vor allem, dass es Ihnen um ein Ende der Energiewende geht. Der BDA-Chef Hundt sprach schon wieder einmal davon, dass man doch über die Abschaltung der AKW 2022 noch mal nachdenken sollte. Ganz als hätte es Fukushima nie gegeben.
Die Laufzeitverlängerung ist weltweit das einzige Mittel, um die Atomtechnologie noch am Leben zu halten. Es werden immer mehr AKW abgeschaltet und kaum welche gebaut. Nur in der Staatswirtschaft China werden noch Atomkraftwerke gebaut aber auch mehr und mehr in Erneuerbare investiert.
Die europäischen Neubau-Projekte in Finnland und Frankreich sind bereits mehr als doppelt so teuer wie geplant und noch längst nicht fertig. Und zahlreiche Ankündigungen über weitere Projekte werden wieder zurück genommen. Denn Strom aus neuen AKW ist deutlich teurer als aus Erneuerbaren Anlagen und selbst moderne Kohlekraftwerke haben es schwer mit Windstrom mitzuhalten.
In den anderen europäischen Ländern kündigt sich dies bereits an. Das von der FDP präferierte Quotenmodell für die Erneuerbaren Energien wird in Großbritannien gerade durch ein EEG ersetzt, weil das Quotenmodell teurer ist und keinen Zubau schafft. Und in Frankreich müssen Winter für Winter Fabriken geschlossen und die Menschen zum
Stromsparen angehalten werden, weil es nicht genug Erneuerbare Energien gibt. Der europäische Kraftwerkspark ist völlig überaltert. Ob Atom- oder Kohlekraftwerke – für sie muss Ersatz geschaffen werden. Deutschland hat in Erneuerbare Energien investiert und gut daran getan, zwar sind im Moment die Strompreise hier teurer – wir haben aber eine solide Basis für die Erneuerung des Kraftwerkspark und werden zunehmend von Brennstoffexporten unabhängiger.
Während Altmaier und Rösler eine Strompreisbremse einführen wollen, dabei aber nicht den Strompreis sondern den Ausbau der Erneuerbaren ausbremsen. Haben wir uns die Mühe gemacht und haben reelle Vorschläge gemacht, wie man die EEG-Umlage um 1 Cent reduzieren kann und damit bei einem Durchschnittshaushalt 35Euo einspart. Wir wollen dass die Kosten der Energiewende gerecht verteilt werden. Das heißt auch ein Hähnchenschlachter oder eine Pommesfabrik kann und soll die EEG-Umlage bezahlen.
Das heißt auch, wenn ein Unternehmen im eigenen Kraftwerk Strom für die Produktion erzeugt, muss es auch EEG-Umlage bezahlen.
Wir wollen aber auch Änderungen im EEG selbst vornehmen. Die Merkel-Regierung hat überflüssige Boni eingeführt, die nur Kosten aber keinen Nutzen gebracht haben – so den Gülle-Boni und die Managementprämie.
Mit unseren Vorschlägen kann man das EEG um 4 Milliarden entlasten. Altmaier und Rösler schlagen nur eine Entlastung von 1,8 Milliarden vor, bringen aber dabei die Energiewende praktisch zum erliegen.
Sie reduzieren die Vergütungssätze so weit, dass sich Windräder nur noch nördlich von Hannover rentieren können und sich Biomasse, Geothermie und andere Anlagen sich kaum noch lohnen.
Altmaier und Rösler geht es nicht um eine zukunftsfähige Energiepolitik und schon gar nicht um die Energiewende.
Diese Woche habe ich mir die Augen gerieben, als ich von Märchenpeters Rechenkünsten gesehen habe. Peter Altmaier hat in der Frankfurter Allgemeinen ein Interview gegeben und dort vorgerechnet, wie teuer die Energiewende bis 2040 werden wird.
Da denkt man doch Hut ab – das traut sich ja keiner – bis man sich die Zahlen anschaut. Da stellt man fest, dass jede Milchmädchenrechnung eine scharfe Kalkulation darstellt gegenüber dem Zahlenwerk von Herrn Altmaier.
Erhellend ist aber, was Altmaier mit seinem Zahlenspiel wirklich sagt. Er macht deutlich, dass es in Zukunft keinen Ausbau der Erneuerbaren Energien mehr geben soll. Die Erneuerbaren sollen einfach ihren Strom am Markt verkaufen und ansonsten sehen wo sie bleiben.
Es gibt zwei Gründe für den Anstieg der EEG-Umlage. Beide haben Altmaier und Rösler zu verantworten. Den einen Grund – die Ausweitung der Industrieprivilegien habe ich schon ausgeführt. Der zweite Grund ist der sinkende Börsenstrompreis. Für den Strom, den man an der Strombörse in Leipzig heute verkauft bekommt man nur noch knapp über 4 Cent. Vor 5 Jahren waren dies aber noch fast 8 Cent. Da die EEG-Umlage immer der Aufschlag auf den Börsenstrompreis bis zum Vergütungssatz ist, ist die EEG-Umlage deutlich gestiegen, trotz sinkender Vergütungssätze.
Wenn man also für ein Windrad einen Vergütungssatz von 10 Cent pro Kilowattstunde bekommt lag der aus der EEG-Umlage zu bezahlende Aufschlag bei nur 2 Cent – heute aber bei fast 6 Cent.
Das der Börsenstrompreis so niedrig ist, hat aber einen einfachen Grund. Der Preis für CO2-Zertifikate liegt bei nur 3 Cent. Daher ist der zertifikatshandel auch ausgesetzt. Dadurch können aber Kohlekraftwerke ihren Strom deutlich billiger anbieten und lassen die Preise verfallen. Man kann es auch anders sagen – nicht Erneuerbaren sondern die indirekte Subventionierung der Kohle lässt die EEG-Umlage steigen und drängt zudem saubere Gasklraftwerke aus dem Markt.
Die EU-Kommission will Zertifikate Aufkaufen um den Preis für CO2-Zertifikate wieder zu stabilisieren. Dagegen wehrt sich aber Herr Rösler vehement. Inzwischen hat schon eine Gruppe von großen Unternehmen in einem Brief Herrn Rösler aufgefordert seinen Widerstand aufzugeben. Aber wenn es um die
Verhinderung der Energiewende geht, ist ihm jedes Mittel recht, da legt er sich auch mit der Wirtschaft an.
Merkel, Rösler und Altmaier bekennen sich öffentlich gerne zu Energiewende. Wenn man sich aber die praktische Politik anschaut, erlebt man dort das Gegenteil. Sie machen Politik für die großen Kohleverstromer.
Diese Klientelbedineung ist der Grund warum laut ZDF 37 % der Deutschen den GRÜNEN die höchsten Kompetenz in der Energiepolitik zubilligen – und nur 19 % die CDU und 2 % die FDP für kompetent halten. Letztere Zahl scheint mir etwas hoch gegriffen.
Zum Glück liegt aber die Energiewende nicht nur in Regierungshand. Das Engagement der Bürger bringt die Energiewende voran, selbst wenn die Politik Ihnen Knüppel zwischen die Beine wirft.
Auch hier im Landkreis Göttingen kann man deutlich sehen, dass der richtige politische Rahmen zwar wichtig ist. Notwendig ist aber auch das Engagement von vielen Bürgerinnen und Bürgern. Das prominenteste Beispiel ist sicherlich das Bioenergiedorf Jühnde, das ja inzwischen eine Reihe von Gleichgesinnten gefunden hat. Aber auch die Bürgerwindparks hier in der Region lassen deutlich erkennen, dass es nicht nur um Gewinnmaximierung und den eigenen Vorteil geht. Viele Menschen sind bereit Zeit, Energie und Geld zu investieren um die Energiewende voran zu bringen. Ohne dieses Engagement würde es keine Energiewende geben. Man darf ja nicht vergessen, dass es nicht nur um Strom geht. Wärmedämmung oder den Ersatz einer Öl- durch eine Pelletheizung sind ebenfalls extrem wichtig, wenn es darum geht, die CO2-Emissionen zu senken. Und dies müssen wir dringend, wenn wir die Folgen des Klimawandels noch einigermaßen beherrschen wollen.
Verwandte Artikel
Alles muss anders bleiben – Sicherheit in der Veränderung
Liebe Steffi, Vielen Dank. Du bist nach mir die zweite Grüne, die das Bundesumweltministerium leitet. Der Artenschutz, der Naturschutz haben es heute schwerer als zu meiner Zeit. Wenn rechtspopulistische Bauern auf ihren 100.000 Euro teuren Treckern glauben machen können, ihre wirtschaftliche Zukunft hänge am Umpflügen von Blühstreifen – dann stimmt etwas nicht in diesem Land….
Weiterlesen »
Laudatio Göttinger Friedenspreis an Angela Kane: Ein Leben für starke Vereinte Nationen
Es ist mir eine große Ehre, Ihnen heute zum Göttinger Friedenspreis 2024 zu gratulieren. Sie haben diesen Preis nicht nur verdient. Sie haben ihn sich selbst verdient. Dass Sie einmal bis zur Undersecretary General der Vereinten Nationen aufsteigen würden, war in Ihrer Jugend in Hameln nicht absehbar. Sie waren mit ihren Studien von München bis John Hopkins gut vorbereitet – doch der Aufstieg zum USG ist bei den Vereinten Nationen kein selbstverständlicher. Das umso weniger, als deutsche Außenpolitik Sie als Deutsche bei den Vereinten Nationen erst sehr spät wahrgenommen hat. Bis heute ist die Personalpolitik Deutschlands in Internationalen Organisation unsystematisch und wenig professionell – wie man zuletzt beim Internationalen Strafgerichtshof erleben konnte.
Weiterlesen »
Jürgen Trittin zur Halbzeit: Ampel kann Krise gestalten
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Halbzeitbilanz, das ist ja auch Teil eines Rituals zwischen Opposition und Regierung. Ich kenne beides: 9 Jahre auf der einen, 16 Jahre auf der anderen Seite. Es ist oft das Gleiche: Die Opposition hält der Regierung das Brechen von Versprechen vor, und die Regierung lobt sich selbst – manchmal zu Recht: Es gibt in Deutschland so viele Erwerbsarbeitsplätze wie nie zuvor in der Geschichte. Wir haben 170 Gesetze verabschiedet. Und jetzt gibt es sogar einen Haushalt.
Offensichtlich ist die Ampel handlungsfähiger, als die Ampel manchmal selbst glaubt.
Weiterlesen »
Kommentar verfassen