Persönliche Erklärung zur Abstimmung über den Armenien-Antrag

Persönliche Erklärung zur Abstimmung über den interfraktionellen Antrag „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“

Von Jürgen Trittin

Das Eingeständnis der historischen Wahrheit, zur eigenen Verantwortung zu stehen – das ist immer ein schmerzhafter Abschied von Lebenslügen. Wer weiß das besser als wir Deutschen? Es geht bei dem Antrag „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armenien und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“ vor allem auch um die historische Mitschuld des Deutschen Kaiserreichs. Als militärische Hauptverbündete des Osmanischen Reiches war sowohl die politische als auch die militärische Führung des Deutschen Reichs von Anfang an über die Verfolgung und Ermordung der Armenier informiert. Sie wussten auch, dass Angehörige anderer christlicher Volksgruppen, insbesondere aramäisch/assyrische und chaldäische Christen von Deportationen und Massakern betroffen waren.

Trotzdem hat die Führung des Deutschen Reiches nichts unternommen, um diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen. Der Bundestag stellt sich mit dem heutigen Beschluss eben diesem Teil deutscher Geschichte.

Von der Türkei wird der Völkermord bis heute bestritten. Doch wer die Geschichte nicht kennt oder die Augen davor verschließt, kann aus ihr nicht für die Zukunft lernen. Die vollständige Aufklärung und Anerkennung der Fakten ist eine entscheidende Grundlage für Versöhnung sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch in der Außenpolitik zwischen Staaten. Das Gedenken an die Vergangenheit ist ständige Mahnung und Auftrag an die heutigen Generationen, Verantwortung zu übernehmen und sich dem Hass entgegen zu stellen.

Mit diesem Antrag erkennt der Bundestag die Mitschuld des Deutschen Reiches an. Er beschließt außerdem Türken und Armenier dabei unterstützen, sich anzunähern. Ohne eine konstruktive Aufarbeitung der Geschichte wird es keine Verständigung geben. Doch diese Verständigung ist unerlässlich für eine Stabilisierung der Region.

Ich begrüße es deshalb sehr, dass heute alle Fraktionen des Deutschen Bundestags dieser Resolution gemeinsam zugestimmt haben.