Liebe Freundinnen und Freunde,
wenn ich im Alter von 66 meine Absicht bekunde, noch einmal Südniedersachsen im Bundestag zu vertreten, dann bedarf das einer Erklärung. Insbesondere, da ich aus meiner Gegnerschaft für die (Zwangs-) Rente mit 67 nie einen Hehl gemacht habe.
Ich habe mir das lange überlegt. Ausschlaggebend war für mich die Erfahrung mit drei Krisen.
Die anhaltende Coronakrise hat allen klar gemacht, wie eng vernetzt die Welt ist, im Guten und im Schlechten – und wie blank rechter Populismus und völkischer Nationalismus vor dieser Herausforderung dastehen. Es gibt eine direkte Verbindung zwischen dem Wildtiermarkt in Wuhan in China, einer globalen Rezession und der Situation hier in der Groner Landstraße, wie im Rosenthaler Hof.
Die zweite Krise ist die anhaltende, sich trotz Corona verschärfende Klimakrise. Der dritte Dürresommer in Folge, das neue Waldsterben im Solling wie im Harz, die verheerenden Überschwemmungen in Afrika, der Gletscherschwund in den Alpen wie auf Grönland, Brände in Kalifornien und Sibirien … sie alle zeigen, wie dramatisch die Folgen der globalen Erhitzung sind. Wenn wir deutlich unter 2 °C bleiben wollen, dann ist das nächste Jahrzehnt entscheidend. Dafür müssen in der kommenden Legislaturperiode die Weichen gestellt werden.
Die dritte Krise ist die Krise der internationalen Ordnung. Das Versagen der internationalen Gemeinschaft, Flucht und Vertreibung zu verhindern, Staatszerfall in vielen Staaten Afrikas zu stoppen und Frieden und Stabilität zu garantieren, nimmt immer größere Ausmaße an. Wo Nationalismus und Abschottung größer werden, leidet die internationale Ordnung. Diese Unordnung ermuntert Autokraten mit Gewalt ihre Einflusssphären zu sichern und zu erweitern. Sich diesen Krisen entgegenzustellen, sie zu überwinden, das Land neu aufzustellen, das ist der Grund warum GRÜNE heute den Anspruch erheben, führende politische Kraft in Deutschland zu werden. Nicht weil das besonders bequem wäre. Sondern weil es nötig ist.
Dafür sind wir Grünen mit unserer Programmatik aber auch mit unseren Personen an der Spitze gut aufgestellt. Als wir in die letzten Wahlkämpfe mit der Forderung nach einem Green New Deal zogen, haben uns manche belächelt. Heute ist es mehrheitlicher Konsens in Europa, dass wir zur Überwindung der Corona-Rezession massiv in klimaneutrale Technologien investieren müssen – finanziert über gemeinsame europäische Anleihen. Das Ende der Austeritätspolitik ist heute Europas Beschlusslage. 2013 waren daran noch die Sondierungen zwischen Union und GRÜNEN gescheitert.
Doch Geld und das Ziel eines klimaneutralen Europas vor 2050 müssen in konkrete Politik zur Veränderung umgesetzt werden. Deutschland als größter Emittent von Treibhausgasen in Europa muss mehr als Zweidrittel seiner Treibhausgase bis 2030 einsparen, durch einen schnelleren Ausstieg aus der Kohle, durch ein Ende des fossilen Verbrennungsmotors, durch einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Dies führt auch hier bei uns zu neuen Konflikten. Einzelne Industrien werden schrumpfen – andere wachsen. Elektrische Stadtbusse brauchen Ladestationen – auch vor der eigenen Haustür. Fahrräder brauchen mehr Platz – zu Lasten von Parkplätzen wie Fahrspuren. Wärmepumpen, E-Autos, elektrische Chemie brauchen nicht weniger sondern mehr und größere Windräder – nicht nur bei Dransfeld. Wer außer uns GRÜNEN hat den Mut, sich diesen Konflikten zu stellen? Mit Unternehmern wie den Gewerkschaften gemeinsam über Wege zur Klimaneutralität zu streiten?
Wir müssen unseren Beitrag für Europa erbringen – damit Europa die Welt bewegen kann. Eine Rückkehr der USA ins Pariser Abkommen und ein Ausbremsen von Chinas Kohleverstromung dürfen nicht durch einen neuen Kalten Krieg blockiert werden. Europa muss lernen, eine eigenständige Rolle auszufüllen. Wir müssen Europa nicht nur klimaneutral machen, sondern atomwaffenfrei.
Dafür wollen wir regieren. Nach 15 Jahren müssen wir raus aus der Opposition. Mutige Politik setzt eine geschlossene Partei voraus. Wir sollten alle Kräfte in den GRÜNEN dafür bündeln. Frauen wie Männer, von der grünen Jugend bis zu denen mit Regierungserfahrung. Dazu möchte ich gerne meinen Beitrag leisten.
Über Eure Unterstützung hier in Göttingen und auf einem der vorderen Plätze der Landesliste würde ich mich freuen.
Mit herzlichen Grüßen
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