Jürgen Trittin – Rede zum Antrag „Keine weitere Eskalation in Hongkong – Das Prinzip „Ein Land, zwei
Systeme wahren“ am 06.05.2021 im Deutschen Bundestag
Neujustierung des europäisch-chinesischen Verhältnisses
Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
Am Dienstag – so die FAZ – hat die Unionsfraktion eine Transatlantik-Tagung veranstaltet. Auf ihr konnte beobachtet werden, wie das Amt Menschen prägt.
2002 wollte die Fraktionsvorsitzende Angela Merkel noch gemeinsam mit George W. Bush in den Irak-Krieg ziehen.
Auf der 2021 mussten sich die Kollegen Breyer, Hardt, Röttgen von der Kanzlerin Angela Merkel sagen lassen, dass aus der Erneuerung der transatlantischen Partnerschaft „nicht automatisch die Übereinstimmung der Interessen“ folgt. Dies gelte gerade im Verhältnis zu China.
Eine Lektion in Realpolitik.
Doch Realpolitik gebietet eine weitere Feststellung. Das alte Motto „Was gut für unsere Autoindustrie ist, ist unsere Chinapolitik“ taugt nicht mehr als Strategie.
Die Realität in China hat sich dramatisch verändert – und nirgendwo ist das so mit Händen zu greifen wie in Hongkong.
Das China des Deng Xiaopingexistiert nur noch in den Geschichtsbüchern. Unter Xi Jinping wurdesein Grundprinzip Ein Land, zwei Systeme abgeschafft. China hat die friedliche Koexistenz zweier Systeme aufgekündigt – nicht nur in Hongkong.
Das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit hat nicht nur Joshua Wong oder Jimmy Lai in den Knast gebracht. Das Gesetz hebelt das Grundgesetz Hongkongs, das Basic Law, aus. Das ist keine innere Angelegenheit.
China verletzt seinen völkerrechtlichen Vertrag mit Großbritannien.
China tut das mit Vorsatz. China will ein Signal setzen. Hongkong ist das Symbol für den Abschied von Dengs Politik, keine Großmacht sein zu wollen.
China will Großmacht sein.
Die Antwort darauf kann kein business as usual sein, wie bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Hongkong wurde dort von Frau Merkel als „Meinungsverschiedenheit“ verniedlicht.
China ist für Europa Wettbewerber, Partner und systemischer Rivale. Diese drei Dimensionen müssen sich endlich in einer europäischen Chinapolitik widerspiegeln.
Dann darf man nicht schweigen, wenn China Europas Parlamentarier oder Think-Tanks sanktioniert. Dann gilt es, die freie Rede und die Freiheit der Wissenschaft zu schützen.
Dafür braucht es einen Kurswechsel hin zu einer gemeinsamen europäischen Chinapolitik.
Der deutsche Sonderweg nach Peking muss beendet werden.
Wir wollen fairen Wettbewerb und Marktzugang – das gilt reziprok in Europa wie in China.
China ist Partner beim Klimaschutz – aber wir schützen eine CO2-freie Stahlindustrie vor Dumping-Stahl. Dafür brauchen wir ein Carbon Border Adjustment.
Wir wollen globale Armut überwinden. Deshalb lassen wir keine Produkte aus Zwangsarbeit und Ausbeutung auf mehr auf unseren Markt – mit einem Lieferkettengesetz.
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