Anlässlich des NATO-Verteidigungsminister*innentreffens vom 21. und 22.10.2021 erklärt Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter aus Südniedersachsen:
Die NATO-Verteidigungsminister*innen stehen vor gleich mehreren großen Baustellen. Neben der Dauerkrise mit Russland steht auch die Aufarbeitung des gescheiterten Afghanistan-Einsatzes auf der Tagesordnung.
Zu Recht stellt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg fest, dass die Beziehungen zwischen der NATO und Russland auf dem tiefsten Punkt seit dem Kalten Krieg sind. Doch er verschweigt, was auch die Politik im NATO-Hauptquartier dazu beigetragen hat.
Dass Russland die Arbeit seiner ständigen Vertretung bei der NATO in Brüssel wie die NATO-Militärmission in Moskau beendet, dass es die Verbindungs- und Informationsbüros der NATO in Moskau schließt, ist besorgniserregend und alarmierend zu gleich. Die NATO steht nun vor der Herausforderung, einen Rückfall in Zustände des Kalten Kriegs zu verhindern. Dafür braucht es in erster Linie dringend offene Gesprächskanäle. Denn vom NATO-Motto von „Deterrence and Dialogue“ darf nicht nur die Abschreckung übrig bleiben. Jens Stoltenbergs einseitige Schuldzuweisungen helfen da nicht weiter. Die Lücken beim Dialog müssen gefüllt werden – etwa durch eine Sitzung des NATO-Russland-Rates.
Neben Russland steht Afghanistan auf der Tagesordnung der Verteidigungsminister*innen. Nach 19 Jahren Scheitern in Afghanistan muss sich die NATO der Realität am Hindukusch und den geostrategischen Konsequenzen stellen. Eine schonungslose Auswertung des Einsatzes ist dabei unverzichtbar. Im Bundestag wird es hierzu einen Untersuchungsausschuss und eine Enquete-Kommission geben. Die NATO und ihre Mitgliedsstaaten müssen Verantwortung für ihre Fehler übernehmen, und alles tun, um die Menschen zu retten, die sie bei ihrer Flucht zurückgelassen haben.
Das Scheitern der NATO in Afghanistan hat auch Konsequenzen für den Kampf gegen Terrorismus. Damit sich Afghanistan nicht wieder zu einem sicheren Hafen für Terrorist*innen entwickelt, wird die NATO auch mit unbequemen Partnern wie China und Russland zusammenarbeiten müssen, die in ihrem Westen und im Kaukasus selbst ein veritables Terrorismus-Problem haben, deren Terrorismus-Definitionen die NATO sich aber nicht zu eigen machen darf.
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