Die aktuelle Benzinpreisdebatte ist an Absurdität kaum zu übertreffen – zuerst beschließt die Bundesregierung einen CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne CO2-Ausstoß und dann kritisieren genau jene Koalitionspolitiker*innen steigende Benzinpreise. Und dem nicht genug: Der CSU schien dieser Preis zurecht nicht auszureichen, weshalb sie, in Person von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, sogar einen CO2 Preis von 45 Euro pro Tonne ausgestoßenem CO2 vorgeschlagen hat. 1 Der Preis an der Börse liegt bei 50 Euro. Die Aufregung über den von uns Grünen geforderten, sozial gerechten CO2 Preis in Höhe von 60 Euro bis 2023, insbesondere von Seiten der großen Koalition, ist hier also nicht nachvollziehbar.
Zudem gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen unserer Forderung für eine Benzinpreiserhöhung und der CO2-Bepreisung durch die Koalition. Anders als die Koalition, wollen wir Grüne diese CO2-Bepreisung sozialverträglich gestalten und all jenen einen Ausgleich verschaffen, die zusätzliche Kosten nicht durch umweltgerechtes Verhalten vermeiden können.
Aktuell ist es nämlich so: Fährt beispielsweise ein*e Krankenpfleger*in mit einem Kleinwagen zur Arbeit, zahlt sie/er Mineralölsteuer fürs Benzin und wenn ein*e Milliardär*in übers Wochenende an die Côte d’Azur fliegt, dann zahlt sie/er keine Steuern für das Kerosin. Das ist an Absurdität kaum zu übertreffen und zeigt: Die Koalition und insbesondere die Unionsparteien haben das Problem nicht verstanden und entfernen sich mit ihrem Vorschlag von beidem: sowohl von Klimaschutz als auch von sozialer Gerechtigkeit.
Als Grüne wollen wir das besser machen:
Alle Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten wollen wir pro Kopf in Form eines Energiegeldes an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben.
Was heißt das konkret? Ein Beispiel: Bei einem CO2-Preis von 60 Euro würde eine dreiköpfige Familie dann ein Energiegeld von jährlich 300 Euro bekommen. Angenommen, diese Familie hat einen täglichen Fahrweg von 16 Kilometern, dann hätte sie nach diesem Modell netto sogar noch ein Plus.
Dieses jährliche Energiegeld würde dann einmal im Jahr erstattet werden. Klimaschutz darf nicht zu Lasten jener gehen, die ihr Verhalten nicht grundlegend ändern können – beispielsweise von Menschen, die in ländlichen Regionen zuhause sind. Diese Gruppen würden mit unserem Modell so unterstützt werden, dass sie sich den Weg auch weiter leisten können.
Doch die CO2-Bepreisung trifft nicht nur Autofahrerinnen und Autofahrer – sie trifft zudem auch all jene, die mit Öl und Gas heizen. Während Vermieterinnen und Vermieter es hier in der Hand hätten, eine effizientere Heizung einzubauen, beteiligt die Bundesregierung sie nicht an der Bezahlung von CO2 Kosten. Diese Mehrkosten müssen also aktuell allein von den Mieterinnen und Mietern getragen werden. Dieses Beispiel veranschaulicht erneut die Klimapolitik der Bundesregierung: Sie ist sozial ungerecht und zudem umweltschädlich. Dadurch, dass die Kosten ausschließlich auf die Mieterinnen und Mieter zurückfallen gibt es überhaupt keinen Anreiz für Vermieterinnen und Vermieter irgendetwas zur Modernisierung der Heizungsanlage beizutragen.
Während die Bundesregierung sich also über die steigenden Benzinpreise empört und eine Benzinpreisbremse in den Raum wirft, so sind es genau die gleichen Leute, die Mieterinnen und Mieter abkassieren. Es sind die gleichen Leute, die dafür verantwortlich sind, dass wir in Deutschland noch immer keinen Mindestlohn von 12 Euro haben. Und solange diese Bundesregierung solch eine Politik macht, sollte sie ihre Energie lieber in das Ausarbeiten sozial gerechter Klimaschutzkonzepte stecken und sich beim Anprangern sozialer Schieflagen lieber etwas zurück halten.
Klimaschutz ist wichtig, denn mit jedem Jahr steigen die Kosten der immer drastischer werdenden Folgen der Klimakrise. Starkwetterereignisse, Dürren, Überschwemmungen, Flucht und Vertreibung durch Missernten…
Wir alle müssen dazu beitragen, die Folgen zu mindern. Niemand kann versprechen, dass das nicht mit Veränderungen einher geht und nichts kosten wird. Umso mehr müssen wir diesen Wandel gerecht gestalten.
1 Quelle: vgl. Spiegel (04.05.2021): Dobrindt will deutschen CO2 Preis schneller erhöhen. https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/co-preis-alexander-dobrindt-schlaegt-45-euro-fuer-2022-vor-a-e49638f5-54c9-4ebe-9180-56bb78ac7cbc
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